Eintrag Nr. 2: Von Konflikten, der Zeit und schnabelnde Intrigen

Ein weiterer Eintrag aus dem galaktischen Logbuch: Eine Reise durch Konflikte, Tänze und die Geheimnisse einer unerwarteten Rivalität.

Als ich begann, mich auf dieser wunderschönen blauen Kugel einzuleben, lernte ich schnell, dass Konflikte hier unvermeidlich sind. Die Menschen sind vielleicht nicht die streitlustigsten Wesen im Universum – diesen Titel teilen sich wohl die Votrach und die Koonar –, aber sie schaffen es mühelos ins obere Mittelfeld. Mein erster Konflikt hier ist mir noch gut in Erinnerung. Zumindest der Moment selbst. Den Grund? Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung mehr. Vielleicht lag es an meinem supertollen Hoodie, der jemandem nicht gefiel, oder an einem zufälligen Blick meinerseits. Banaler könnte es vermutlich kaum sein.

Natürlich wollte ich den Konflikt wie jede vernünftige Spezies lösen – mit einem Tanzbattle. Ich habe wirklich unglaubliche Moves drauf, liebe Leserschaft, wirklich so richtig! Aber mein Gegenüber? Völlig unbeeindruckt. Statt sich auf ein Duell der tanzenden Körperkunst einzulassen, nannte mich das männliche Exemplar „Opfer“ – ich nehme an, er meinte, dass ich sein nächstes Opfer sei – und griff an. Mit Fäusten. Einfach unglaublich!

Meine Reaktion? Perfektes Hjunzu? Nein. Kampfkunst der wortlosen Meister von Bhgung III? Fehlanzeige. Ich tat das Einzige, was mir blieb: Ich rannte weg. Aber, und das ist mir wichtig, ich rannte äußerst elegant weg. Glauben Sie mir, es war ein Anblick, den die Barden vom Geschichtenerzählerplaneten Poetria mit einem Epos besingen würden.

Dieser Schock ließ mich jedoch nicht los. Ich begann zu forschen. Früher, das fand ich heraus, war das Tanzbattle tatsächlich eine angesehene Konfliktlösung auf der Erde. Es war animalisch und zugleich zivilisiert: Jeder konnte tanzen, aber nur die besten Bewegungen zählten. Eine Niederlage bedeutete Demut, jedoch keine ewige Schmach. Doch warum hatte sich das geändert? Warum war das Tanzbattle, diese perfekte Lösung, der grenzenlosen Gewalt gewichen?

Die Antwort führte mich zu den beiden für dich unerwartetsten Wesen dieser Geschichte: den Faultieren und den Schnabeltieren.

Wusstest du, dass weder Faultiere noch Schnabeltiere eigentlich von der Erde stammen? Ihre Rivalität geht zurück bis in die galaktischen Urzeiten – dahin, als die Zeit noch komplett anders lief. Faultiere, das sei hier unbestritten, sind die besten Tänzer dieser Welt [1]. Ihre Bewegungen sind so präzise, so hypnotisch, dass man sie nicht einfach sieht – man erlebt sie. Die Bewegung verschmilzt mit der Zeit selbst, fließt wie ein temporaler Fluss aus Raum und Emotion. Es ist, als ob die Zeit selbst tanzt. Jede Geste ist ein Universum für sich, jede Drehung eine galaktische Sinfonie. Doch gerade das ist die einzige Krux am Tanz. Denn ihre Tänze erfordern Zeit. Die Uraufführung von Kin der Weise dauerte, und das ist keine Übertreibung, ganze sieben Erdwochen, drei Erdentage und siebzehn Erdstunden – und das nur für den ersten Akt dieses Meisterwerks. Es war bewegend – temporär bewegend – und löste nebenbei den großen Konflikt von Sigmanus Prime vollständig. Ich bin mir sicher, ich sah einen Blobfisch in seinem Wasseranzug weinen. Manche behaupten, es sei Kondensation gewesen. Unsinn, sage ich!

Doch die Schnabeltiere, neidisch auf diese Eleganz und selbst nur mäßige Tänzer, begannen eine Schmutzkampagne. Ihr berühmter Anführer Blauschnabel Wultanius, der Tückische, flüsterte den ersten Menschen zu, dass Tanzbattles sinnlos seien. „Klarheit und Dominanz“, sagten sie, „erreicht man nur mit Gewalt.“ Und so begannen die Menschen, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Denn keine andere Spezies ist so gut darin, so schnell so viele Lebewesen die Köpfe einzuschlagen. Der Rest ist, wie man sagt, Geschichte.

Vielleicht fragst du dich, warum die Schnabeltiere das taten? Meine Recherchen brachten keine abschließenden Antworten, aber ich habe eine Theorie. Sie wollten die Vorherrschaft der Faultiere brechen – und vermutlich Zimtschnecken klauen. Zimtschnecken? Ja, du hast richtig gelesen – Zimtschnecken. Die Schnabeltiere scheinen eine seltsame Vorliebe für diese menschliche Köstlichkeit zu haben. Und wer würde schon ein tanzendes Schnabeltier mit Gewalt aufhalten, wenn es eine Zimtschnecke stibitzt? Eben. [2]

Eine Frage bleibt jedoch offen: Wie viel hat die Menschheit verloren, weil sie dem Tanz den Rücken kehrte? Vielleicht wäre sie heute ein angesehener Teil der friedlichen galaktischen Gemeinschaft?

Ich jedenfalls hoffe, dass Tanz eines Tages wieder das Mittel der Wahl wird. Und das nicht nur, weil ich dann nicht mehr weglaufen müsste.


Fußnote:
[1] Natürlich sind einige menschliche Tänzer unglaublich begabt und durchaus in der Lage, mit den besten der besten im gesamten bekannten Universum mitzuhalten. Aber ehrlich? Nicht auf diesem Niveau. Ich habe die Tänze der Menschen studiert. Ihr „Salsa“ erinnerte mich an den Balztanz der Thungka, bei dem sich die Partner rhythmisch um eine unsichtbare Sonne drehen – wirklich wundervoll. Ihr „Breakdance“ hingegen sieht aus, als hätten sie gerade die Schwerkraft besiegt – und das ganz ohne Antischwerkraftgenerator – wirklich beeindruckend. Aber gegenüber Faultieren? Keine Chance.

[2] Das erinnert mich daran, dass ich einmal eine ganze Nacht gegen zwei diebische Schnabeltiere antanzen musste, nur um zwei Zimtschnecken zu beschützen. Am Ende habe ich gewonnen und die beiden in die Flucht getanzt – allerdings nicht, ohne selbst beinahe vor Erschöpfung umzufallen. Ich brauchte zwei ganze Zimtschnecken, um wieder zu Kräften zu kommen. Meinen Gast habe ich natürlich, mit Krümeln am Munde, die gesamte Wahrheit erzählt aber mir wurde kein Wort geglaubt.

© 2025 Thees Fnordberg. Alle Rechte vorbehalten. Wenn dir meine Texte gefallen, freue ich mich, wenn du sie teilst – bitte mit Nennung meines Namens und einem Link zu meinem Blog. Für jede weitere Nutzung oder Veröffentlichung kontaktiere mich bitte vorher.